Gesetzliche Erlaubnisse
Das Urheberrecht hat Grenzen. Dazu gehört vor allem die zeitliche Grenze: Wenn die Urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist, ist für die Nutzung keinerlei Erlaubnis mehr erforderlich. Weitere wichtige Grenzen des Urheberrechts sind die im UrhG geregelten „Schranken“ des Urheberrechts bzw. gesetzliche Erlaubnisse.

Foto: Schlesinger ; Urheberrechtsschutz (Inc)
Gesetzliche Erlaubnisse sind Normen, die die Voraussetzungen regeln, unter denen für die urheberrechtlich relevante Nutzung urheberrechtlich geschützter Gegenstände oder Kopien davon ebenfalls keine Erlaubnis des Rechteinhabers erforderlich ist. Diese Erlaubnisse sind in Abschnitt 6 des UrhG geregelt.
Immer wenn die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist oder die Voraussetzungen einer gesetzlichen Erlaubnis gegeben sind, heißt es also: „Freie Fahrt“!
Für die Zugänglichmachung der Werke in den digitalen Sammlungen der Kultur- und Wissenseinrichtung selbst oder in der Deutschen Digitalen Bibliothek sind die gesetzlichen Erlaubnisse allerdings nicht allzu wichtig, weil sie die offene, unbeschränkte Zugänglichmachung im Internet entweder gar nicht erfassen oder aber die Erlaubnis zur freien öffentlichen Zugänglichmachung nicht zur Funktionsweise der DDB passen.
Folgende Erlaubnisse können aber in Einzelfall für die Bildernutzung durch die Einrichtung auf ihrer eigenen Webseite oder in der Deutschen Digitalen Bibliothek relevant sein:
§ 57 UrhG, Unwesentliches Beiwerk: Nach dieser Regel darf unter Umständen ein Bild, eine Skulptur oder eine Tapete, die sich im Hintergrund des eigentlichen Foto-Objektes befindet, ohne Erlaubnis des Urhebers dieses Hintergrund-Objektes mit zugänglich gemacht werden: § 57 UrhG erlaubt die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind.
Das bedeutet nach dem Urteil “Möbelkatalog” des Bundesgerichtshofs vom 17.11.2014:
- einem objektiven Durchschnittsbetrachter darf nicht auffallen, wenn das Werk ausgetauscht oder weggelassen wird.
- Die Gesamtwirkung darf bei einem Weglassen oder Austauschen nicht in irgendeiner Weise beeinflusst werden.

Museum Europäischer Kulturen, Lizenz: cc-by-nc-sa 4.0
Nicht mehr unwesentlich ist ein Werk, wenn es erkennbar stil- oder stimmungsbildend ist, eine bestimmte Wirkung unterstreicht, einen dramaturgischen Zweck erfüllt oder sonst charakteristisch ist.
Ob bei dieser Abbildung das Gemälde im Hintergrund die Kriterien für ein zulässiges Beiwerk erfüllt, darf jeder nach den BGH-Kriterien selbst entscheiden (wohl ja). Das ist übrigens nicht das Bild, mit dem sich der BGH im Fall „Möbelkatalog“ befasst hat.
§ 59 UrhG, Panoramafreiheit: Unter den Voraussetzungen des § 59 UrhG ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.

Architekt: Hans Scharoun; Foto: unbekannt: Lizenz: cc-by-nc 4.0
Hier ist die Zugänglichmachung des Fotos auf den Webseiten der Humboldt-Universität und der Deutschen Digitalen Bibliothek als „panoramafrei“ ohne Zustimmung des Architekten bzw. dessen Rechtsnachfolgern erlaubt.
Die Panoramafreiheit gilt nur, wenn das Foto des urheberrechtlich geschützten Bauwerks ohne Hilfsmittel (z.B. Leitern oder Drohnen) aufgenommen wurde. Luftbilder von Bereichen, die nicht von öffentlichen Wegen aus einsehbar sind, fallen generell nicht unter die Panoramafreiheit (so z.B. OLG Hamm, Urteil vom 27.04.2023 – 4 U 247/21). Auch das Innere öffentlich zugänglicher Gebäude ist nicht erfasst.
Achtung: Die Panoramafreiheit bezieht sich immer nur auf das Bauwerk, nicht auf das Foto (das ja bei Bauwerken als Foto-Objekten regelmäßig urheberrechtlich geschützt ist). Deswegen braucht man zwar für die Nutzung keine Lizenz des Architekten, aber sehr wohl von der Fotograf*in !
§ 51 UrhG, Zitatrecht: Das Zitatrecht erlaubt die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.
Einzelne ganze Werke dürfen dabei ohne Erlaubnis insbesondere dann genutzt werden, wenn sie „nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden“.
Weil ein bloßer Datensatz in der digitalen Sammlung einer Kultur- und Wissenseinrichtung oder in der Deutschen Digitalen Bibliothek kein „Wissenschaftliches Werk“ ist, fällt diese Nutzung nicht unter das Zitatrecht. Das käme ggf. allenfalls in Frage bei ausführlichen redaktionellen Beiträgen in den Portalen oder virtuellen Ausstellungen der Deutschen Digitalen Bibliothek. „Wissenschaft“ ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (Hochschul-Urteil des BVerfG, BVerfGE 35,79 (112).

Adorno, Theodor W., Deutsche Fotothek, Urheberrechtsschutz - In Copyright
Für den „Zitatzweck“ muss ein hinreichender innerer Zusammenhang zum zitierten Werk hergestellt sein („Erläuterung des Inhalts“) z.B. Belegcharakter, Unterstützung des eigenen Gedankengangs, geistige Auseinandersetzung mit dem zitierten Werk.
Keine Zitate liegen etwa vor beim Ersparen eigener Ausführungen und Ausschmückung. Der „Credit“ muss die Angabe des Urhebers, ggf. auch des Verlags, enthalten (§ 63 UrhG).
Nach § 51 S.2 UrhG ist von der Zitierbefugnis gemäß den Sätzen 1 und 2 … die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des zitierten Werkes [umfasst], auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist. Danach darf also auch ein Foto (etwa einer Skulptur), das selber auch urheberrechtlich geschützt ist, ohne Erlaubnis der Fotograf*in online zugänglich gemacht werden, obwohl nicht das Foto, sondern nur die Skulptur „zitiert“ wird.
Erlaubnisse für die Nutzer*innen der DDB oder Digitalen Sammlungen der Kultur- und Wissenseinrichtungen:
Über die genannten Erlaubnisse hinaus können sich Nutzer*innen der Deutschen Digitalen Bibliothek oder der Digitalen Sammlungen der Einrichtungen noch auf weitere Regeln des UrhG berufen. Wichtig dürfte insbesondere § 53 UrhG sein (Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch). Im Unterricht, Wissenschaft und im Kulturerbe-Bereich können sie sich auch auf §§ 60a bis 60f UrhG berufen.